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FAMILIENRECHT

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Scheidungsrecht in der Türkei

Das türkische Scheidungsrecht ist in den Artikeln 161 ff. des Türkischen Zivilgesetzbuchs (tZGB) geregelt. Die Vorschriften der Art. 161 bis 166 tZGB enthalten einen abschließenden Katalog von Scheidungsgründen. Dabei wird zwischen absoluten (mutlak) und relativen (nisbî) Scheidungsgründen unterschieden. Während relative Gründe stets eine Prüfung der Zumutbarkeit der Fortführung der Ehe sowie eine Feststellung einer tiefen Zerrüttung erfordern, begründet das Vorliegen eines absoluten Grundes unwiderlegbar die Annahme, dass die Ehe unheilbar zerrüttet ist.

Darüber hinaus differenziert die türkische Lehre zwischen besonderen (özel) und allgemeinen (genel) Scheidungsgründen. Die besonderen Gründe sind in den Art. 161–165 tZGB geregelt und betreffen klar umrissene Tatbestände. Demgegenüber knüpfen die allgemeinen Scheidungsgründe des Art. 166 tZGB an das Zerrüttungsprinzip an, ohne konkrete Einzelfälle zu beschreiben.
Klagen können sich auf mehrere Scheidungsgründe stützen, wobei die besonderen Gründe als leges speciales Vorrang haben.

In Zweifelsfragen ist es der türkischen Rechtsprechung erlaubt, zur Auslegung auf schweizerische Literatur und Judikatur zurückzugreifen – soweit dies mit dem türkischen Recht vereinbar ist. Seit der Revision des Schweizer Zivilgesetzbuchs im Jahr 2000 bestehen jedoch keine inhaltlichen Parallelen mehr zwischen beiden Rechtsordnungen.

Besondere Scheidungsgründe

Ehebruch (Art. 161 tZGB)
Als Ehebruch (zina) gilt die freiwillige sexuelle Beziehung eines Ehegatten mit einer Person des anderen Geschlechts. Gleichgeschlechtliche Kontakte oder sexuelle Handlungen mit Tieren fallen nicht unter den Ehebruchtatbestand, können jedoch andere Scheidungsgründe begründen. Die Klagefrist beträgt sechs Monate ab Kenntnis (relative Frist) oder fünf Jahre ab der Tat (absolute Frist). Wiederholte Ehebrüche lassen die Frist neu beginnen. Eine Verzeihung führt zum Ausschluss des Klagerechts.

Lebensnachstellung, Misshandlung, Ehrverletzung (Art. 162 tZGB)
Dieser Artikel umfasst drei Tatbestände:

  • Lebensnachstellung (hayata kast): Ein vorsätzlicher Angriff auf das Leben des Ehepartners. Bloße Drohungen genügen nicht.

  • Schwere Misshandlung (pek kötü davranış): Jede vorsätzliche Handlung, die die körperliche oder seelische Integrität erheblich verletzt.

  • Schwerwiegende Ehrverletzung (ağır derecede onur kırıcı davranış): Verhalten, das die persönliche und gesellschaftliche Ehre des Partners in gravierender Weise angreift.

Auch hier gilt eine sechsmonatige relative und eine fünfjährige absolute Frist. Verzeihung beseitigt das Klagerecht.

Straftat und ehrloser Lebenswandel (Art. 163 tZGB)
Begeht ein Ehegatte eine ehrverletzende Straftat (z. B. Betrug, Diebstahl, Urkundenfälschung) oder führt er einen „ehrlosen“ Lebenswandel, kann dies eine Scheidung rechtfertigen. Eine Klagefrist ist in diesem Fall nicht vorgesehen.

Böswilliges Verlassen (Art. 164 tZGB)
Verlässt ein Ehepartner grundlos und dauerhaft die gemeinsame Wohnung, liegt ein Scheidungsgrund vor. Der zurückgebliebene Ehepartner muss den anderen zunächst nach vier Monaten per gerichtlicher Aufforderung zur Rückkehr mahnen. Erfolgt keine Rückkehr binnen zwei weiterer Monate, kann Scheidungsklage erhoben werden.

Geisteskrankheit (Art. 165 tZGB)
Eine unheilbare Geisteskrankheit eines Ehegatten stellt einen besonderen, relativen Scheidungsgrund dar, sofern die Fortsetzung der Ehe dem anderen Partner nicht zugemutet werden kann. Die Unheilbarkeit muss durch ein medizinisches Gutachten bestätigt werden.

Allgemeine Scheidungsgründe (Art. 166 tZGB)

Zerrüttung der Ehe
Ist die Ehegemeinschaft derart tief zerrüttet, dass sie für mindestens einen Ehepartner unzumutbar geworden ist, kann Scheidung beantragt werden. Allerdings ist dies nur dem weniger schuldigen Ehepartner möglich. Weist der beklagte Ehepartner nach, dass er weniger Schuld trägt und widerspricht, wird die Scheidung abgewiesen. Keine Schuld liegt etwa bei Krankheit vor – dann können beide Ehegatten gemeinsam die Scheidung begehren.

Einvernehmliche Scheidung
Seit 1988 besteht die Möglichkeit einer einvernehmlichen Scheidung. Voraussetzung ist, dass die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat, beide Ehepartner zustimmen und vor Gericht persönlich erscheinen. Zudem müssen sie sich über Unterhalt, Vermögensfolgen und die Regelung gemeinsamer Kinder einig sein; diese Vereinbarung ist durch das Gericht zu bestätigen.

Faktische Trennung
Hat ein Gericht eine Scheidungsklage abgewiesen und bleibt die Ehe dennoch drei Jahre lang zerrüttet, kann nach Ablauf dieser Zeit erneut die Scheidung beantragt werden.

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Image by Zoriana Stakhniv

Kontakt

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Tel: 05541944532

 

​E-Mail: polater@turkischer-rechtsanwalt.com

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